Während der vergangenen Jahrzehnte haben sich die Finanzmärkte in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gedrängt. Oberflächlich betrachtet hängt dieses Interesse mit den Medienberichten über die sich häufenden globalen Finanzkrisen zusammen, die oft in den so genannten Entwicklungsländern ihren Ausgang nehmen und sich zu globalen Krisen mit schwerwiegenden Folgen auch für die Industriestaaten ausweiten. Die ursächliche Frage nach der Wirkungsweise von Finanzmärkten bleibt dabei meist ungeklärt.
Die Aufmerksamkeit, die dem Phänomen "Finanzmarkt" zuteil wird, macht eine begriffliche Klärung dieses Terminus notwendig und erfordert eine genaue Analyse seiner Funktionsweise sowie seiner Auswirkungen auf die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung von Staaten im Zentrum und an der Peripherie.
In der historischen Betrachtung präsentiert sich die Entwicklung von Finanzmärkten und globalen Geldströmen in engem Zusammenhang mit den jeweils herrschenden internationalen Geldregimen, die die politischen und wirtschaftlichen Handlungsspielräume weltweit bestimmten und bestimmen.
Unterschieden werden können im Wesentlichen drei Perioden: bis in die 1930er Jahre der Goldstandard, nach dem Zweiten Weltkrieg der Dollar und seit den 1970er Jahren flexible Wechselkurse, die durch abnehmende internationale Regulierungen der Kapitalströme gekennzeichnet sind. Diese Entwicklung bildet den Hintergrund für eine genauere Analyse der globalen Finanzarchitektur. Während die kollektive Erinnerung an die Weltwirtschaftskrise nach 1929 und die Erschütterung der Finanzmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlage einer stärker interventionistischen Geldpolitik bildeten, wurden ab den 1970er Jahren Regulierungen kontinuierlich abgebaut. Es drängt sich die Frage auf, ob und wie weit die neuartigen Krisenerscheinungen mit der Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte in Verbindung stehen.
Die Klärung dieser Fragen bedarf einer grundsätzlichen Definition der Funktionsweise von Finanzmärkten sowohl in den Zentrumsstaaten als auch in der Peripherie. Dabei werden über den wirtschaftswissenschaftlichen Bereich hinaus auch die politischen und sozialen Implikationen für die jeweiligen Länder untersucht. Begriffliche Grundlagen zu schaffen und die historisch gewachsenen Rahmenbedingungen aufzuzeigen, ist Aufgabe des ersten einführenden Buchteils. Ergänzend folgen eine Reihe von Fallbeispielen aus Lateinamerika, (Ost)Europa und Asien. Abschließend wird auf die aktuelle Diskussion um eine Reformierung und Re-Regulierung von Finanzmärkten eingegangen sowie auf die derzeit diskutierte Möglichkeit der Insolvenz für Entwicklungsländer.
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