Die Aktivitäten des Mattersburger Kreises setzen sich aus drei großen Bereichen zusammen: Publikationen, Bildungsveranstaltungen und Aufbau und Vernetzung im Bereich der universitären Lehre.
1. Publikationen des Mattersburger Kreises
Seit seiner Gründung gibt der Mattersburger Kreis das Journal für Entwicklungspolitik heraus. Als einzige wissenschaftliche Zeitschrift Österreichs zu Fragen der Internationalen Entwicklung bietet sie eine Plattform, um gesellschaftlich relevantes Wissen über Entwicklungsprobleme und Entwicklungspolitik zu verbreiten. Damit sollen der wissenschaftliche Diskurs zum Thema Entwicklungsforschung belebt sowie internationale Debatten rezipiert und kritisch diskutiert werden.
Weitere Publikationsreihen sind die Buchreihe „Historische Sozialkunde / Internationale Entwicklung“ sowie die Buchreihe „Gesellschaft – Entwicklung – Politik“. Diese Reihen gehen von aktuellen Fragestellungen aus und unternehmen in weiterer Folge den Versuch, soziale, ökonomische, politische und kulturelle Phänomene im Kontext der Nord-Süd-Frage aus globaler Perspektive und interdisziplinär darzustellen und zu analysieren. Die Bücher wenden sich vor allem an ein studentisches Publikum, aber auch an einen darüber hinausreichenden Kreis von Interessierten (LehrerInnen, JournalistInnen etc.).
JEP - Journal für Entwicklungspolitik
Seit 1984, dem Beginn der Tätigkeit, wird vom Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik kontinuierlich viermal jährlich die wissenschaftliche Zeitschrift "Journal für Entwicklungspolitik / Austrian Journal of Development Studies" herausgegeben. Darin werden Beiträge in deutscher und englischer Sprache abgedruckt. Während in den 1980er Jahren insbesondere die Bemühungen, entwicklungspolitische Belange auch auf wissenschaftlicher Ebene durchzusetzen im Vordergrund standen, kam es in den 1990er Jahren verstärkt zu einer Orientierung hin auf allgemeine entwicklungspolitische bewusstseinsbildende Arbeiten und Zielgruppen außerhalb des universitären Bereiches. Seit den 2010er Jahren erscheint das JEP regelmäßig in Deutsch und Englisch und seit 2015 ist das Journal online und als gedruckte Version verfügbar.
HSK-IE - Historische Sozialkunde - Internationale Entwicklung
Die Reihe umfasst insgesamt 35 Bände (pro Jahr erschienen ein bis zwei Bände), die die interdisziplinären Ringvorlesungen der "Internationalen Entwicklung" bzw. der „Global Studies“ in Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck und Linz in gedruckter Form begleiten. Ziel der Reihe ist es, mit komprimierten Überblicksdarstellungen ein breites Lesepublikum anzusprechen. Den inhaltlichen Schwerpunkt bilden Fragen von Entwicklung und historischem Wandel in globaler Perspektive. Als AutorInnen finden sich all jene, die im Bereich der "Internationalen Entwicklung" lehren, ergänzt um prominente nicht-österreichische KollegInnen, die so auch zu Vorträgen nach Wien geholt werden.
GEP - Gesellschaft Entwicklung Politik
Das "jüngste Kind" des Mattersburger Kreises widmet sich zentralen Analysekategorien aktueller Entwicklungsprozesse und liefert in diesen Bereichen jeweils didaktisch gut aufbereitete Grundlagenliteratur. Vorgängerin der GEP-Bücher waren die GEG-Bücher: In der Reihe "Geschichte - Entwicklung - Globalisierung" (GEG) erschienen die ersten fünf Bände bei Brandes&Aspel in Frankfurt/Main. Mit der Reihe „Gesellschaft – Entwicklung – Politik“ (GEP) wechselte der Mattersburger Kreis zum Mandelbaum-Verlag nach Wien. Die Bände werden teilweise als Literaturgrundlage in Einführungslehrveranstaltungen verwendet und sind 2012 einem didaktischen „face-lift“ unterzogen werden, seit dem Infoboxen, Exkurse, Grafiken und andere Elemente die Vermittlung der Inhalte unterstützen.
2. Bildungsveranstaltungen
Die österreichweiten Entwicklungstagungen - Ein Dialog zwischen Theorie und Praxis
Von Februar bis Ende des Jahres 2001 organisierte der Mattersburger Kreis zusammen mit der AGEZ (Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit) und einer Vielzahl engagierter Personen und Organisationen einen gemeinsamen Reflexionsprozess zur Zukunft der EZA. Im Zentrum standen dabei die Identität und die politischen Handlungsspielräume entwicklungspolitisch Interessierter. Der Reflexionsprozess legte sechs Stationen ein, an denen unter jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln und Schwerpunkten die Frage nach dem politischen Potential der entwicklungspolitischen Zivilgesellschaft gestellt wurde. Ab Juni 2002 wurde ein zweiter Durchgang in elf Workshops dieses Reflexionsvorganges realisiert. In fast allen österreichischen Bundesländern fanden dazu Veranstaltungen statt, deren Ergebnisse im Form von Protokollen auf der Homepage www.entwicklungstagung.at - wo auch Folgeaktivitäten und -projekte verschiedener Veranstaltungen Raum finden - gelesen werden können.
Höhepunkt war dann die Abhaltung der ersten gesamtösterreichischen Entwicklungstagung von 25.-27. Oktober 2001 in Salzburg mit rund 500 TeilnehmerInnen. Die Beiträge im Rahmen des Reflexionsprozesses und der Tagung wurden dokumentiert: Unter dem Titel "Wisse, was du tust" als JEP-Book 4 (2002), herausgegeben vom Mattersburger Kreis. Die zweite Entwicklungstagung fand von 5.-7. Dezember 2003 in Graz statt und stand unter dem Motto Globalisierung ent-wickeln. Ausgangspunkt bildete die Reflexion über den Schlüsselbegriff "Globalisierung", die Zielsetzung des Prozesses bestand in einer Re-Politisierung von Entwicklungszusammenarbeit in Österreich. Die vorbereitenden Workshops fanden österreichweit in Zusammenarbeit mit regionalen entwicklungspolitischen Gruppen statt. Der permanente Reflexionsprozess, der in weiteren Tagungen in Linz, Innsbruck, Krems und Salzburg mündete, wurde seither im Paulo Freire Zentrum organisiert und auf der oben angeführten Website dokumentiert.
Präsentationen der neuen Bände in den Buchreihen JEP, GEP und HSK-IE
In den letzten Jahren ist es gelungen, fast alle neu erschienenen Ausgaben unserer Buchreihen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zu präsentieren. Durch themenbezogene Kooperationen kann hier in der Regel mit interessierten Personen aus der scientific community und der entwicklungspolitischen Praxis die Zugänge und Themen diskutiert werden, was wiederum sehr oft in Lehre und Forschung einfließt.
3. Aufbau und Vernetzung im Bereich der universitären Lehre
Die Internationale Entwicklung: vom Wahlfachkorb, über das 'Individuelle Diplomstudium' bis zum 'Institut' an der Universität Wien
Es war ein alter Traum des Mattersburger Kreises und einer der Gründe für seine Konstituierung, in Österreich ein Studium der Internationalen Entwicklung einzurichten. Dies ist in Form des Studiums Internationale Entwicklung gelungen. Seit dem Wintersemester 1998/99 wurde von der Senatskommission Institut für Internationale Entwicklung (später Projekt Institut für Internationale Entwicklung / ZüF, mittlerweile das Institut für Internationale Entwicklung - Projekt) das Wahlfach "Internationale Entwicklung" angeboten . Das Fach war interdisziplinär ausgerichtet. In den einzelnen Veranstaltungen ging es einerseits um die Berücksichtigung von Theorie und Praxis, andererseits sollten Aspekte auf Mikro- und Makroebene verbunden werden.
Das Wahlfach wurde vor allem von Lehrenden der Universität Wien getragen, wobei diese Lehre zu einem wesentlichen Teil im Auftrag der jeweiligen Stamminstitute bzw. -fakultäten erfolgt. In kleinerem Umfang waren Universitätslehrende anderer Universitäten in Wien und MitarbeiterInnen der entwicklungspolitischen Sektion (Sektion VII des BmaA) bzw. von NGOs der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit beteiligt.
Darauf aufbauend gelang es, ab dem Wintersemester 2002/03 ein vollwertiges individuelles Diplomstudium (IDS) anzubieten. Der Erfolg war schnell - vor allem angesichts der äußerst knappen personellen Ressourcen - überwältigend. Verantwortlich für alle Angelegenheiten um das Studium "Internationale Entwicklung" war bis Sommer 2010 der Projektleiter - Walter Schicho, Univ.-Prof. am Institut für Afrikanistik.
Seit dem Wintersemester 2010/11 haben sich die infrastrukturellen Rahmenbedingungen deutlich gebessert und das neugegründete "Institut für Internationale Entwicklung" seinen Platz nahe der ÖFSE und des Büros des Mattersburger Kreises gefunden. Unter neuer Leitung und Besetzung ist in der Sensengasse 3 mittlerweile ein ganzer Nukleus an entwicklungspolitischer Lehre, Forschung und Praxis entstanden. Der Mattersburger Kreis steht als Verein inhaltlich und moralisch hinter dem Studium und versucht die Vernetzung von Ideen und Projekten unter Lehrenden, Studierenden und anderen nahestehenden Personengruppen zu fördern und zu unterstützen.
Global Studies an österreichischen Universitäten
Mittlerweile wurden an mehreren österreichischen Universitätsstandorten Global Studies Lehrgänge ins Leben gerufen, deren Curricula von Mitgliedern des Mattersburger Kreises mit verfasst wurden. Die Lehrgänge zeichnen sich durch eine inter- und transdisziplinäre Herangehensweise aus und zählen überwiegend zu den beliebtesten Studiengängen ihrer Universitäten. Der Mattersburger Kreis unterstützt die Lehre vor Ort beispielsweise mit der Organisation von Ringvorlesungen aus der Reihe HSK-IE, wofür immer wieder renommierte KollegInnen eingeladen werden Vorträge zu halten. In diesem Aspekt kommt der Mattersburger Kreis seiner selbst gesteckten Aufgabe als Dachverband der entwicklungspolitischen Lehre tätig zu sein, auf sehr erfolgreiche Weise nach und unterstützt die Vernetzung zwischen den Universitätsstandorten. Es bleibt ein wichtiges Ziel des Mattersburger Kreises, dass an allen österreichischen Universitäten ein Lehrangebot zu Fragen der Internationalen Entwicklung eingerichtet wird.