Die brasilianische Landlosenbewegung MST leistet einen mehrdimensionalen Beitrag zur Vertiefung und Erweiterung der Demokratie in Brasilien. Die Ambivalenz der Zielsetzungen und Strategien des MST spiegelt sich sowohl in seinem Verhältnis zur Zivilgesellschaft und zur Politik als auch in der Beziehung zwischen der Spitze der Bewegung und ihrer Basis. Die Erfolge des MST und seine Rolle als Demokratisierungsakteur haben dazu beigetragen, das auf Ausgrenzung basierende Herrschaftsmodell in Frage zu stellen. Seine ideologische Positionierung schwächt andererseits seine Verhandlungsmacht und trägt ihm den Vorwurf der autoritären Bevormundung seiner Basis ein. Die Versuche zur kollektiven Ermächtigung seiner Mitglieder ausgehend vom Bildungsansatz Paulo Freires wiederum könnten einen Prozess der Politisierung und Befreiung der Sem terra einleiten.
Konflikte um die Aneignung und Kontrolle von Ressourcen und gesellschaftlichen Versorgungsleistungen spielen im Kontext neoliberaler Inwertsetzungsstrategien eine zentrale Rolle. Vielfach werden die Diskussionen jedoch mit unpräzisen Begrifflichkeiten geführt, die nicht immer den politischen Kern der Konflikte erfassen. Im Sinne einer begrifflichen Klärung werden drei unterschiedlichen Perspektiven auf die Mechanismen von Inwertsetzungsprozessen dargelegt. Anhand des Wassersektors wird infolge veranschaulicht, dass nicht eine abstrakte stoffliche Ressource zur Disposition steht, sondern komplexe soziale, ökonomische, materielle und diskursive Arrangements der Wasserbereitstellung, die erst infolge historischer Kämpfe entstanden sind. In einer emanzipatorischen Perspektive sind daher Forderungen nach Zugang zu Wasser immer mit der Frage nach Kontrolle über die Ausgestaltung dieser Arrangements zu verknüpfen.
Im vorliegenden Artikel stehen gesellschaftliche Auseinandersetzungen um den Arbeitsprozess in Brasilien im Zentrum einer politökonomischen Analyse. Die Vorgehensweise der Analyse berücksichtigt dabei sowohl die historische Kontinuität als auch aktuelle Entwicklungen im Zuge des Konflikts und soll damit den Prozesscharakter sowie die dahinter befindlichen Kräfteverhältnisse sichtbar machen. Mittels einer theoretischen Annäherung an den kapitalistischen Produktionsprozess und der historischen Analyse sollen dabei konkrete Demokratisierungsimpulse im Bezug auf die Regulierung der Arbeitsbeziehungen identifiziert werden. Aktuelle Beispiele praktizierter betrieblicher Demokratie und deren institutionelles Umfeld werden dabei den Rahmen für die Fallstudie liefern und das emanzipative Potential der Solidarökonomie verdeutlichen.
Die zapatistische Bewegung im Süden Mexikos baut seit über zehn Jahren autonome Strukturen auf. Dabei versuchen die Zapatisten radikal-demokratische Politik- und Wirtschaftsformen zu praktizieren. Der vorliegende Beitrag analysiert das zapatistische Medienprojekt Radio Insurgente.
Der bolivarianische Prozess in Venezuela wird in politökonomischen und gesellschaftspolitischen Diskussionen häufig als möglicher alternativer Weg zum vorherrschenden Neoliberalismus herangezogen. Der vorliegende Beitrag erklärt, warum diese Deutung richtig ist, und zeigt, dass es sich beim Bolivarianismus um eine durchgängige Ideologie handelt, welche eine gesellschaftspolitische Alternative und somit ein anti-neoliberales Modell zum Ziel hat. Aufbauend auf den historischen Entwicklungen in Venezuela Wegbereiter für die bolivarianische Politik wird der Bolivarianismus einer genaueren politökonomischen Analyse unterzogen. Dabei werden auch die Rolle des Militärs sowie die Bedeutung der nationalen und internationalen Medienlandschaft unter die Lupe genommen.
In diesem Artikel sollen die verschiedenen Formen diskutiert werden, die der Strukturierung von Mechanismen der BürgerInnenteilhabe an der öffentlichen Kommunalverwaltung zugrunde liegen. Zur Darstellung dieses Themas wird das Modell des Partizipativen Budgets (PB) von Porto Alegre und das der Partizipativen Dezentralisierung von Montevideo untersucht, die als zwei der wichtigsten Ansätze zur Erneuerung demokratischer Regierungen auf lokaler Ebene im Mercosur gelten.
Die Mechanismen, Formen und Auswirkungen neoliberaler Umstrukturierungen in Lateinamerika wurden in den letzten Jahren vielfach behandelt. Dennoch zeigen sich in diesem Kontext auch zahlreiche alternative Entwicklungen im und zum Neoliberalismus. Der Artikel gibt einen konzeptionellen Überblick, wie progressive bzw. alternative gesellschaftsverändernde Projekte zu fassen sind und stellt dabei insbesondere auf die Konzepte Entwicklung als Freiheit, Aneignung und radikaler Reformismus ab. Überdies wird ein grober Rahmen entworfen, der es erlaubt, das Veränderungspotenzial von Ansätzen zu alternativen Entwicklungen vor dem Hintergrund unterschiedlicher und sich wandelnder struktureller Bedingungen zu refl ektieren.