Schwerpunktredaktion: Andreas Exenberger
Print ISSN: 0258-2384│Online ISSN: 2414-3197
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Gesellschaftliche Naturverhältnisse im 21. Jahrhundert: ökologische und soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftswachstum und eine Kritik geistigen Eigentums
- Abstract
Die Begrenztheit der Erde zur Bereitstellung von Ressourcen und zur Absorption der Schadprodukte menschlichen Wirtschaftens wird immer offensichtlicher: Klimawandel, Artensterben und die Degeneration der Ökosystemdienstleistungen sind eindeutig belegt, doch der Weg zur Behebung der ökologischen Krise ist umstritten. Weiteres Wirtschaftswachstum ist Ziel der globalen und nationalstaatlichen Politik, die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen werden in Kauf genommen oder negiert. Ziel des vorliegenden Artikels ist es aufzuzeigen, dass Wirtschaftswachstum eine Ursache der gegenwärtigen ökologischen Krise und nicht deren Lösung ist; dass ökologische und soziale Fragen zusammengedacht werden müssen und es nicht das eine Verständnis von Gerechtigkeit oder Natur gibt. Das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse bietet dann die Folie, anhand derer das Konfliktfeld geistige Eigentumsrechte an genetischen Ressourcen aufgespannt und gezeigt wird, inwieweit es sich hierbei um Mittel der Kontrolle und Monopolbildung handelt, die nicht geeignet sind, zu ökologischer und sozialer Gerechtigkeit beizutragen.
Ein weiter Weg zur Nachhaltigkeit: Analysen sozialökologischer Übergänge zeigen das Ausmaß nötiger Veränderung auf
- Abstract
In diesem Beitrag werden drei grundlegend unterschiedliche sozialökologische Regimes unterschieden: Jäger und Sammler, Agrargesellschaften und die Industriegesellschaft. Die Übergänge zwischen diesen Regimes verändern sozialökologische Systeme grundlegend, während innerhalb eines Regimes gradueller Wandel stattfindet. Zwei Drittel der Menschen befinden sich derzeit in einem rasanten Übergang von der agrarischen Subsistenzwirtschaft in die Industriegesellschaft. Viele globale Nachhaltigkeitsprobleme hängen unmittelbar damit zusammen. Die zentrale These des Beitrages lautet, dass die Industriegesellschaft von einer nachhaltigen Gesellschaft etwa ebenso weit entfernt ist wie von der Agrargesellschaft. Die Herausforderung einer nachhaltigen Entwicklung besteht, so gesehen, nicht darin, einige technische Innovationen zu implementieren sie erfordert vielmehr eine grundlegende Re-Orientierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Ausgehend von empirischen Befunden zur globalen Ressourcennutzung (Material- und Energieflüsse, Landnutzung) wird die Vorstellung problematisiert, eine Förderung von Öko-Effizienz wäre im Großen und Ganzen ausreichend, um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten.
Im Spiegelkabinett unterschiedlicher Entwicklungsvorstellungen
- Abstract
Verschiedene Vorstellungen von Entwicklung erbringen unterschiedliche Handlungsempfehlungen. Entwicklungsoptimistische und entwicklungskritische Grundeinstellungen werden anhand von Literatur (Abschnitt 2) und Datenmaterial (Abschnitt 3) verortet. Aus einer evolutionären Perspektive wird versucht, diese antagonistische Verstehenssysteme von Entwicklung diskursiv zusammenzuführen. Als Versuch einer Vermittlung wird ein eigenständiges, evolutiv geprägtes Vorstellungsgebäude vorgeschlagen: Besonders in der Energiewirtschaft und der Landnutzung lässt sich eine langfristige globale techno-sozio-ökonomische Entwicklungsdynamik vermuten, welche durch eine Abfolge von zunächst anwachsenden und dann in Sättigung eintretenden Strukturparametern gekennzeichnet
ist (= blossoming evolution, Abschnitt 4). Ein Denken in Transitionen (Abschnitt 5) erscheint somit begründet, angezeigt und hilfreich. Insgesamt wird also durch diesen Text die Einbettung von Entwicklungs-Maßnahmen in die ohnehin autopoietisch ablaufende evolutive Gesamtdynamik ins Blickfeld gerückt (Abschnitt 6).
Equity and Political Economic Chanlleges in Development
- Abstract
Despite the widely recognized need to foster pro-poor growth, the search for adequate policy mechanisms is ongoing. Economic gains at the aggregated country level often dominate assessments of development effectiveness, while distributional impact analyses at the disaggregated level identify persistent pockets of poverty and increasing inequality within countries. The reasons for this continuous challenge to devising more effective development strategies can be manifold: lack of contextual understanding, or prescription of one-size fits-all reform policies in many international development organizations, as well as the underestimation of political economy factors where powerful interests acquire development benefits at the expense
of already vulnerable groups. In response to these issues, development practitioners introduced instruments to tackle these pitfalls in their operational work two of which are Poverty and Social Impact Analysis (PSIA) and a Conceptual Framework for the Analysis of the Political Economy of Reform. This paper aims to illustrate these instruments methodologically as well as applied in country cases. This should provide the basis for a discussion of the potential that these instruments can offer to support development operations to foster pro-poor growth. We will conclude our paper by outlining the remaining challenges.
Umwelt zwischen Wachstum und Entwicklung: Politische Ökologie von Umweltkonflikten in den Ländern des Südens
- Abstract
Umweltprobleme in den Ländern des Südens sind (fast) allgegenwärtig und meist gleichzeitig Ergebnis und Hindernis von Wachstum und Entwicklung. In einer politisch-ökologischen Betrachtungsweise werden sie jedoch nicht nur als Folge, sondern auch als Ursache und Ausdruck gesellschaftlicher Strukturen und Machtverhältnisse interpretiert. Asymmetrische Machtverteilungen führen zu Umweltkonflikten, in denen die einzelnen Akteure in unterschiedlicher Form VerursacherInnen und Betroffene von Umweltdegradierung sind. Im vorliegenden Beitrag werden diese Wechselbeziehungen anhand zweier Beispiele exemplarisch dargestellt. In der ersten Detailstudie steht die ökologisch wie sozioökonomisch folgenschwere Flussableitung des Rio São Francisco im Nordosten Brasiliens im Zentrum des Interesses. Die zweite Detailstudie beschäftigt sich mit dem Abfallsektor in Maputo (Mosambik) und verknüpft die Analyse der Wertschöpfungskette dieses Wirtschaftskomplexes mit der Untersuchung der Verwundbarkeiten
von AbfallsammlerInnen des informellen Sektors.