Hilfe!? (Gem)Einsam für eine bessere Welt
Wozu eine „living books“-Veranstaltung?
Die Motive, sich in der Freizeit und/oder beruflich für Gerechtigkeit und Gleichheit einzusetzen sind vielfältig. Viele Beweggründe und gesammelte Erfahrungen im Bereich des sozialen und politischen Engagements bleiben im alltäglichen Tun verborgen, weil nur selten Zeit für Austausch bleibt. Um einen solchen Austausch zu initiieren, luden das Paulo Freire Zentrum, Baobab, der Mattersburger Kreis, die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) und die Frauen*solidarität im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Bildung im C3ntrum“ zur ersten „living books“- Veranstaltung im C3-Centrum für Internationale Entwicklung ein!
In Kooperation mit dem "Verein living books" durchgeführt, konnte diese besondere Veranstaltung unter dem geschützen Namen "living books" laufen und proftierte sichtlich von der methodischen Erfahrung, die der "Verein living books" einbrachte: Knapp 300 BesucherInnen folgten der Einladung, um sich mit sozial und politisch engagierten „lebenden Büchern“ auszutauschen!
Wie läuft eine „living books“-Veranstaltung ab?
Ziel der Veranstaltung war es, das vielfältige politische und soziale Engagement für BesucherInnen persönlich erlebbar zu machen, damit aus dieser persönlichen Berührung neue Impulse entstehen können. Dafür bot die Veranstaltung ein breites Spektrum von „Buchtiteln“ an, um möglichst jede/n BesucherIn anzusprechen – es sollte Raum für ein Zusammenkommen von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und Lebensanschauungen ermöglicht werden.
Die 293 BesucherInnen der Living Books Veranstaltung wählten aus einem Katalog von insgesamt 37 „lebenden Büchern“ einen für sie ansprechenden „Buchtitel“ aus den Arbeitsbereichen national und international tätiger Hilfsorganisationen, Vereine und Initiativen aus und das rund halbstündige Gespräch konnte beginnen.
In der ersten Hälfte der Veranstaltung nahmen 6 Schulklassen aus Wien teil. Nach einer Pause, die Gelegenheit für eine Stärkung sowie Unterhaltungen bot, folgte ein öffentlicher Teil, bei dem alle Interessierten teilnehmen konnten.
Miteinander reden, anstatt übereinander
„Wir geben den Menschen nichts außer ein Lachen“ – So begann beispielsweise die „Clowndoktorin“ ihr Gespräch mit vier Jugendlichen. Dann stellte sie vor, was sie bei ihrer Arbeit mache: „Wir versuchen, Menschen in Not etwas Lebensfreude und Humor zurück zu schenken“. Dafür greife sie auf unterschiedliche Methoden, wie beispielsweise Geschichten erzählen oder Spielen, zurück. Nach der Vorstellung ihrer Arbeit seitens der „lebenden Bücher“ hatten die BesucherInnen die Möglichkeit, Fragen zu stellen und eigene Erfahrungen in die Gespräche einzubringen. In diesem Gespräch berichtete ein junger Mann, dass auch er die ClowndoktorInnen bei einem Krankenhausaufenthalt erlebt hatte und diese ihn durch „etwas irrsinnig Lustiges“ aufgebaut hätten. Über diese positive Rückmeldung freute sich die Clowndoktorin – und wurde in ihrer Arbeit bestärkt.
In einem anderen Eck der C3-Bibliothek hatten BesucherInnen die Möglichkeit, sich mit einer Mitarbeiterin der Young Caritas über ihren Buchtitel „Generation Ego?!“ zu unterhalten. Diese berichtete ihren „LeserInnen“, dass sie bei ihrer Arbeit mit jugendlichen freiwilligen HelferInnen genau das Gegenteil ihres Titels erlebe: Nämlich Jugendliche, die Spaß daran haben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Als Motivation für ihre Arbeit nannte die Freiwilligenkoordinatorin sowohl die Unterstützung motivierter, offener Jugendlicher, die sich freiwillig engagieren wollten, als auch den Jugendlichen eine Plattform zu bieten, um sich entfalten zu können. Zwei jugendliche ZuhörerInnen berichteten daraufhin über ihr eigenes ehrenamtliches Engagement, das zwar neben den alltäglichen Anforderungen der Schule zusätzliche Arbeit bedeute, jedoch Spaß mache und sich lohne. Die Young Caritas Mitarbeiterin riet ihren ZuhöherInnen aber, sich nicht komplett für das ehrenamtliche Engagement aufzuopfern – und das habe nichts mit Egoismus zu tun. Die Jugendlichen konnten einen Rat mit nach Hause nehmen.
Einblick in Begegnungen mit Geflüchteten bot ein paar Tische weiter eine ehrenamtliche Flüchtlingshelferin. Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin engagierte sie sich ehrenamtlich als Flüchtlingshelferin. Sie berichtete zwei Leserinnen über ihre Erfahrungen und Erlebnisse: Im September wurden Geflüchtete im Ferry Dusika Stadion untergebracht, weil nicht ausreichend Platz zur Verfügung stand. Eigentlich sei es die Aufgaben des Staates, für die Organisation und Finanzierung aufzukommen. Am Anfang hätten dies jedoch freiwillige HelferInnen übernommen. Als konkrete Aufgaben benannte die Flüchtlingshelferin Essen, Kleidung sowie Decken zu organisieren. Später umfasste ihr Tätigkeitsbereich auch die Organisation von Deutschkursen, ärztlicher Behandlung und Rechtsberatung. Die Flüchtlingshelferin empfand es als aufregend und besonders, über ihre persönlichen Erfahrungen zu erzählen. Die beiden Leserinnen äußerten sich dankbar, dass das Format der Living Books-Veranstaltung die Möglichkeit bot, die Sicht einer „Vor-Ort-Helferin“ kennenzulernen – als notwendige Ergänzung zur Darstellung in den Medien. „Ich finde die Form sehr gut, weil man in den „lebenden Büchern“ etwas nachlesen kann, das man in den normalen Medien nicht liest“, so die Rückmeldung eines Veranstaltungsteilnehmers.
Berührende Gespräche setzen neue Impulse.
Durch den gemeinsamen Austausch zu Fragen der Motivation, Möglichkeiten und Grenzen für soziales und politisches Engagement, schienen sowohl BesucherInnen als auch Lebende Bücher neue Impulse für ihr Handeln zu bekommen. In einer angenehmen Atmosphäre war es möglich, entspannte, aber sehr tiefe Gespräche zu führen, die viele BesucherInnen sicher noch lange in Erinnerung behalten werden.
Ein Bericht von Barbara Groß für das Online Journal des Paulo Freire Zentrum
Mit freundlicher Unterstützung der OEZA